Gewährleistunganspruch geltend machen in Österreich

Ich habe einige Gewährleis­tungsre­la­ma­tio­nen und merke, dass der Kun­den­sup­port rechtlich unzure­ichend informiert ist und ich häu­fig bei der Chef-Etage lande und ich viel mehr bekomme als ich eigentlich ange­fragt hat­te.
Als Kunde finde ich, die dass die Kund:innen das größte Prob­lem bei der Gewährleis­tung sind (Ich bin sehr selb­stkri­tisch und sehe immer den Fehler bei mir und meines­gle­ichen). Viele Kund:innen haben keine Ahnung und ver­lan­gen irgen­det­was und die meis­ten ver­lan­gen gar nichts. Eine freie glob­al­isierte Mark­twirtschaft kann meines Eracht­ens nur funk­tion­ieren, wenn berechtigte Gewährleis­tungsansprüche gel­tend gemacht wer­den und unberechtigte am besten gar nicht gestellt wer­den. Das muss vom Kun­den und nicht vom Unternehmen aus­ge­hen. Unternehmen bieten das an was der Kunde will.

Garantie ist das Gegenteil von Gewährleistung

Die Gewährleis­tung ist im wesentlichen im ABGB (All­ge­meines bürg­er­lich­es Geset­zbuch) [1] § 922 bis § 933b geregelt und ist für Unternehmer rechtlich verpflich­t­end und han­delt nur von Män­gel die zum Zeit­punkt der Über­gabe existiert haben.
Garantie ist frei­willig und geht über die verbindliche Gewährleis­tung hin­aus, also wenn etwas unter Gewährleis­tung fällt, ist es nicht Garantie. (deswe­gen die plaka­tive Unterüber­schrift). Üblicher­weise sind das zusätliche Wartun­gen, eine Preis­garantie, Zufrieden­heits­garantie, Funk­tion­s­garantie oder dass nach Ablauf der Gewährleis­tung man unter bes­timmten Vor­raus­set­zun­gen, bes­timmte Män­gel von bes­timmten Teilen beanspruchen kann. Die Aus­sage man hat x. Jahre Garantie sagt nichts aus. Um das zu verdeut­lichen ein absur­des Beispiel ein­er Garantie: Man kann eine Garantie haben, dass man wenn man ein 3€-Produkt inner­halb von 14Tage nach Erhalt ein­schickt und man um 1000€ eine Infor­ma­tion bekommt ob eine Reper­atur möglich ist. Insofern würde ich nie eine Garantie, son­dern immer eine Gewährleis­tung reklamieren, weil ersteres (=Garantie) kann böse Über­raschun­gen bein­hal­ten, zweit­eres (Gewährleis­tung) ist geset­zlich geregelt und mehrfach ausjudiziert.
Der restliche Artikel beschäftigt sich daher auss­chließlich mit Gewährleis­tung nach ABGB und nicht mit willkür­lichen her­steller­spez­i­fis­chen Garantien.

Was ist ein Mangel

Ein Man­gel, gem. Gewährleis­tungsrecht, liegt dann vor, wenn man nicht das erhal­ten hat, was man nach der Vere­in­barung erhal­ten hät­ten sollen. Der Inhalt Ihrer Vere­in­barung ergibt sich aus der Beschreibung&Fotos in der Anzeige sowie allfäl­li­gen son­sti­gen Erk­lärun­gen der Verkäufer:in.
Wenn etwas nach ein­er gewis­sen Zeit nicht mehr funk­tion­stüchtigt ist, kann es ein Anze­ichen eines (qual­i­ta­tiv­en) Man­gels sein, der bere­its bei Über­gabe existiert hat. (Fris­ten ist näch­ster Punkt.)

Was unter Gewährleis­tung fällt, ist in ABGB §922[8] geregelt:

ABGB§ 922. (1) Wer einem anderen eine Sache gegen Ent­gelt über­lässt, leis­tet Gewähr, dass sie dem Ver­trag entspricht. Er haftet also dafür, dass die Sache die bedun­genen oder gewöhn­lich voraus­ge­set­zten Eigen­schaften hat, dass sie sein­er Beschrei­bung, ein­er Probe oder einem Muster entspricht und dass sie der Natur des Geschäftes oder der getrof­fe­nen Verabre­dung gemäß ver­wen­det wer­den kann.
ABGB § 922. (2) Ob die Sache dem Ver­trag entspricht, ist auch danach zu beurteilen, was der Übernehmer auf Grund der über sie gemacht­en öffentlichen Äußerun­gen des Überge­bers oder des Her­stellers, vor allem in der Wer­bung und in den der Sache beige­fügten Angaben, erwarten kann; das gilt auch für öffentliche Äußerun­gen ein­er Per­son, die die Sache in den Europäis­chen Wirtschaft­sraum einge­führt hat oder die sich durch die Anbringung ihres Namens, ihrer Marke oder eines anderen Kennze­ichens an der Sache als Her­steller beze­ich­net. Solche öffentlichen Äußerun­gen binden den Überge­ber jedoch nicht, wenn er sie wed­er kan­nte noch ken­nen kon­nte, wenn sie beim Abschluss des Ver­trags berichtigt waren oder wenn sie den Ver­tragsab­schluss nicht bee­in­flusst haben konnten.

primäre Gewährleistungsbehelfe

ABGB §932(2) Zunächst kann der Übernehmer nur die Verbesserung oder den Aus­tausch der Sache ver­lan­gen, es sei denn, dass die Verbesserung oder der Aus­tausch unmöglich ist oder für den Überge­ber, ver­glichen mit der anderen Abhil­fe, mit einem unver­hält­nis­mäßig hohen Aufwand ver­bun­den wäre.

Das heißt gem. ABGB §932(2) [10] kann die Kund:in (sofern ver­hält­nis­mäßig) entschei­den ob eine Sache Verbessert oder Aus­ge­tauscht wer­den muss. Wobei ich per­sön­lich aus Kul­lanz das Gesetz nicht so streng auslege, weil ich der Mei­n­ung bin, dass es Sache des Unternehmens ist wie es den Man­gel behebt. Es sei den ein Unternehmen ist nicht koop­er­a­tiv und erken­nt nicht meinen Recht­sanspruchs an, dann bin ich auch nicht mehr kop­per­a­tiv und set­ze meinen ganzen Recht­sanspruch durch (z.B. samt Mahn­spe­sen und Verzugszinsen).

Fristen

Beweis­las­tumkehr (für Käufe von bewe­gen­lichen Gegen­stän­den ab 01.01.2022): Wenn man in den ersten zwölf Monat­en reklamiert, wird gem. Ver­brauchergewährleis­tungs­ge­setz (VGG)§19 [11] davon aus­ge­gan­gen, dass der Man­gel bere­its bei Über­gabe existiert hat. Das heißt in den ersten zwölf Monat­en muss der Unternehmer nach­weisen, dass es kein Gewährleis­tung­man­gel ist, danach muss der Kunde (gebe­nen­falls mit einem teuren Gutacht­en) nach­weisen, dass es ein Gewährleis­tungs­man­gel ist, der zum Zeit­punkt der Über­gabe bere­its existiert hat.
Für Pro­duk­te die bis 31.12.2021 gekauft wur­den gilt gem. ABGB§924 [9] eine Beweis­las­tumkehr von sechs Monat­en.

Für bewegliche (neue) Sachen, muss gem. ABGB§933 [14] die Gewährleis­tung inner­halb von 2Jahren ab Erhalt der Ware, gerichtlich gel­tend gemacht werden.

Nein zu Gutschein

Wenn man die Gewährleis­tung reklamiert, bieten Unternehmen oft Gutschein an. Dieses Ange­bot kann als Kunde (dank­end) ablehnen und bei eine Auszahlung (z.B. Bargeld oder Bankkon­to) ver­lan­gen[2,3,4,5].

Rücksendekosten inkl. Postpacket zahlt Unternehmer

Der Ver­bauch­er muss dem Unternehmen die Ware zurück­geben. Die Kosten der Rück­sendung hat, gemäß KSchG (Kon­sumenten­schutzge­setz) §8(3) [6], bzw dem VGG§15 [11]das Unternehmen zu zahlen.

VGG§15(3) Nach Auflö­sung des Ver­trags hat der Ver­brauch­er dem Unternehmer die Ware auf dessen Kosten zurück­zugeben und hat der Unternehmer dem Ver­brauch­er den für die Ware gezahlten Preis zu erstat­ten. […]

Das heißt die Ver­sandge­bühr, als auch eine allfäl­lige Paket­box (ca 3€ bei der Post [7]) muss der Unternehmen zahlen.
Den­noch sollte man die Kostenüber­nahme bere­its vor Versenden klären, da Unternehmen dann alter­na­tiv eine Rück­gabe in einem Shop oder eine Entsorgung ver­lan­gen kann und somit die Ver­sand­kosten, die dann nicht ange­fall­en wären, ver­mut­lich nicht rück­er­stat­tet bekom­men müsste. Die Kosten eines U‑Bahntickets um es im Shop zurück­zugeben oder am Mist­platz zu entsor­gen, würde ich als Kunde per­sön­lich übernehmen.

Wie setz’ ich mein Recht durch?

  1. Ver­schiedene Wege ver­suchen: Online-Chat, E‑Mail, Anruf, Fax, Brief, eingeschrieben­er Brief/Mahnung
  2. Emo­tio­nen her­aus­nehmen: Wenn man in einem Com­put­er­spiel die Her­aus­forderung bekommt als Manger sich um eine Gewährleis­tung zu küm­mern, dann geht man da mit ein­er Fre­unde her­an eine Lösung zu find­en. Ich weiß nicht warum man sich um so alltägliche Prob­leme man sich ärg­ern sollte. Man set­zt sich für eine freie Mark­twirtschaft ein, daran muss man mMn als Gesellschaft genau­so arbeit­en wie an der Demokratie oder an ein­er Beziehung. 
  3. Wenn man sich über­legt, wie man das durchjudizieren würde mit eingeschriebe­nen Brief, Fris­ten­lauf, Ein­schal­ten eines Anwaltes bzw. eines Inkas­sobüros, dann find­et man so klare Worte, dass solche Schritte nicht notwendig werden.
  4. Man wen­det sich an Rechtsvertre­tun­gen: Arbeiterkammer[12], Inter­net Ombudsstelle des Mininsteriums[13]: Wenn man die ein­schal­tet, dann passieren oft “Wun­der” und bekommt oft viel mehr als man eigentlich wollte ohne irgen­det­was argu­men­tieren zu müssen.

Warum ich bei Gewährleistung ein Sturschädel bin

Bei Gewährleis­tung kann man mich wohl als real­ität­fern­er Ide­al­ist beschimpfen. Wenn ein Man­gel gem. Gewährleis­tungsrecht (ABGB) vor­liegt, liegt idR die alleinige Schuld beim Unternehmen ich sehe daher nicht ein warum ich auch nur 3€ für eine Paket­box zahlen muss, ich kann nichts dafür dass der Man­gel vor­liegt und ich dacher gezwun­gen wurde mein Geld zurück­ver­lan­gen. Zugegeben, beim Unternehmen fall­en dann externe Kosten an, die das Unternehmen nicht zurück­bekommt, aber diese Kosten fall­en ja nur an, weil es ihrer­seits zu einem Man­gel gekom­men ist. Um in ein­er freien Mark­twirtschaft fair konkuri­eren zu kön­nen, soll­ten diese Aus­fall­skosten alliquot auf das Pro­dukt aufgerech­net wer­den, sodass die Kund:in einen Preis hat, den sie auf die Dauer der Gewährleis­tung beziehen kann und fair ver­gle­ichen kann (ohne ver­steck­te Gewährleistungsreklamationskosten).

Warum ich Umtauschrechte&Rücktrittsrechte als ein Unding empfinde

Ich finde das Ange­bot eines im Han­del üblichen Umtauschrecht­es (z.B: wegen falsch­er Klei­der­größe) oder 14-Tägige Rück­trit­srechte als ein Und­ing. Wenn ich ein falsches Pro­dukt kaufe ist, dann bin ich selb­st Schuld und nicht das Unternehmen, ich sehe nicht ein warum das Unternehmen für meine Fehler als Kunde eingeste­hen soll. (Die Kosten wer­den dann den Kund:innen umgeschla­gen.)
Ok, es als Kunde entsor­gen zu müssen wäre ökol­o­gisch nicht gut, aber als Kunde fände ich es richtig die Bear­beitungskosten des Unternehmens zu tra­gen. Solche fairen Kosten würde viele Kun­den emo­tion­al ver­mut­lich mehr ärg­ern, als es gar nicht zurück­geben zu kön­nen, was ich ratio­nal nicht nachvol­lziehen kann.
Ok einige Fir­men wer­ben aktiv damit aktiv Kun­den mit Zufrieden­heit­srecht­en, das finde ich auch ein gutes Ange­bot, aber dass es von Kund:innen in gewis­sen Bere­ichen stillschweigend erwartet wird kann ich nicht nachvollziehen.

Privatkauf

Auch bei Pri­vatverkauf gilt das Gewährleis­tun­srecht, wobei man dieses im Gegen­satz zu Unternehmen, auss­chließen kann.

persönliche Beispiele aus 2021

defekte Nachmachtoner eines second-Hand-Druckers (Dez 2021)

Ich habe über Will­haben einen Laser-Druck­er und Ton­er inkl. Rech­nun­gen gekauft. Broth­er bestätigte mir, dass die wenige(<6) Monate alten Lemero-Ton­er (bil­lige Nach­mach­ton­er) nicht erkan­nt wer­den (=Gutacht­en, dass ein Man­gel vor­liegt). Da die Rech­nung mit übergeben wurde, kann man davon aus­ge­hen, dass die Gewährleis­tungsansprüche abge­treten wur­den. Ama­zon meinte dass ich nicht Käufer bin und ich aus Daten­schutz­grün­den keine Auskun­ft zur Gewährleis­tungsrekla­ma­tion bekom­men darf und forderte mich auf, Dat­en der Willhabenverkäufer:in zu nen­nen, die ich wed­er hätte noch aus Daten­schutz­grün­den hergeben dürfte. Meine Daten­schutzan­frage gem. EU-Verord­nung 2016/679 (alias DSGVO), wofür Ama­zon die Dat­en brauchen wurde vom Kun­den­sup­port expliz­it abgelehnt (eventuell straf­bar, aber mir egal). Daraufhin habe ich die Inter­net Ombudsstelle des Min­is­teri­ums [13] eingeschal­tet und plöt­zlich bekam ich eine Entschuldigung und Ama­zon hätte mir die Kosten der Ton­er als Gutschein erstat­tet und gab mir ein Rück­sende­tikett (Ver­sandge­bühr). Ich ver­langte die Auszahlung des Geldes als auch Bezahlung der Pack­et­box für den Rück­ver­sand. Ama­zon hat dann gesagt, dass Lemero zur Gewährleis­tung verpflichtet ist. Lemero hat­te sich auch zuerst geweigert die Rück­sendekosten zu zahlen, aber nach­dem ich (mehrfach) auf das KSchG§8 [6] ver­wiesen habe, wurde das Geld an die Willhabenverkäufer:in über­wiesen und diese hat mir heute ange­boten es mir zu über­weisen. Auch wenn es ver­mut­lich eine Fehlüber­weisung von Lemero ist, werde ich ver­mut­lich diesen Weg wählen.

Kasten mit fehlerhafter Beschreibung (Dez 2021)

Ich habe einen Kas­ten bestellt und die Beschrei­bung hat­te einige kleinere Unter­schiede zur Aus­führung, daher hat­te ich (nach zusam­men­bauen) die fehler­hafte Beschrei­bung reklamiert (in der Hoff­nung, dass die näch­sten Kund:innen sich weniger damit Ärg­ern müssen). Der Her­steller meinte die Beschrei­bung wäre richtig und hat­te mir eine neure noch falschere PDF-Fas­sung geschickt, die einen zusätlichen Fehler hat­te, diese habe ich mit PDF-Kom­mentaren kor­rigiert. Nach­dem ich Ihnen die Fotos der Aus­führung und das kor­rigierte PDF geschickt haben, haben Sie mir unge­fragt den ganzen Kas­ten nochmal zugeschickt. Damit wird das eigentliche Prob­lem nicht behoben wor­den sein, aber ich werde den Kas­ten ver­mut­lich an Car­la Wien (d.h. Sach­spenden für die Car­i­tas) spenden und es dabei belassen.

2€-Controller von wish.com (Dez 2021)

Ich habe einen chi­ne­sis­chen nach­mach-Niten­do-Con­tol­er für den PC um 2,01€ gekauft (Ver­sand­kosten waren 3,26€). Da er nicht gle­ich funk­tin­io­erte hat­te ich die Gewährleis­tung reklamiert und bekam die 5,27€. Später stellt sich her­aus, dass es doch funk­tion­iert. In mehrma­lige Anfra­gen in ein­fach­ster Sprache (deutsch und englisch) ver­suchte ich zu erk­lären, dass ich die Refundierung zurück­re­fundieren möchte, bekam Antworten, ver­mut­lich von ein­er Com­put­erüber­set­zung, dass das Geld schon an mich über­wiesen sein sollte und ich mich an meine Bank wen­den solle.

Referenzen

[1] https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10001622
[2] https://www.konsument.at/geld-recht/gutschein-statt-bargeld
[3] https://www.konsument.at/markt-dienstleistung/gewaehrleistung-gutschein-statt-kaufpreis
[4] https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/vertraege-reklamation/kundenrechte/gewaehrleistung-des-haendlers-5057
[5] https://www.test.de/FAQ-Kaufrecht-Umtausch-Reklamation-4942653–0/
[6] https://www.jusline.at/gesetz/kschg/paragraf/8
[7] https://onlineshop.post.at/onlineshop/versenden—verpacken/paketboxen_244
[8] https://www.jusline.at/gesetz/abgb/paragraf/922
[9] https://www.jusline.at/gesetz/abgb/paragraf/924
[10] https://www.jusline.at/gesetz/abgb/paragraf/932
[11] https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2021_I_175/BGBLA_2021_I_175.html
[12] https://www.arbeiterkammer.at/beratung/konsument/EinkaufundRecht/Gewaehrleistung.html
[13] https://www.ombudsstelle.at/
[14] https://www.jusline.at/gesetz/abgb/paragraf/933

Comments

No comments yet. Why don’t you start the discussion?

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *