Als Post-Doc ist es üblich 60h und mehr zu arbeit­en obwohl man 40h bezahlt wird und man für Mehrar­beit nicht bezahlt wird. Ich möchte dem auf dem Grund gehen warum dem so ist. Oft­mals ist es frei­willig, aber ich sehe es zunehmend, dass es so frei­willig gar nicht ist.

Warum man mehr arbeitet

Ratio­nal betra­chtet kön­nte man Dienst nach Vorschrift machen, aber dann ist man idR nach weni­gen Jahren nicht mehr im Geschäft.

  • Man muss ehre­namtlich Reviews für andere wiss. Artikel schreiben, für die man kein Geld bekommt, weil man ja auch selb­st Reviews braucht, wenn man einen wiss. Artikel selb­st einreicht.
  • Man muss sich ständig in ein neues Gebi­et einar­beit­en und man sieht es sel­ber so dass man sich das fehlende Wis­sen in der Freizeit aneignen muss. Egal ob man eine Sprache (Chi­ne­sisch), eine Pro­gram­mier­sprache (Python, C++,…), ein Pro­gram, eine wis­senschaftliche Meth­ode oder son­st etwas noch nicht ken­nt, man eignet sich das in der “Freizeit” an, weil das ja eine Pro­jek­tvo­raus­set­zung ist die man per­sön­lich haben muss und nicht am Pro­jekt selb­st arbeitet.
  • Ein Pro­jekt wird oft­mals nicht inner­halb des Ver­trages fer­tig, daher stellt man es idR während der näch­sten Anstel­lung an Woch­enen­den fer­tig, weil man man für seine eigene Kar­riere abgeschlossene veröf­fentlichte Arbeit­en vorzeigen kön­nen muss, son­st fliegt man in eini­gen Jahren aus dem Geschäft.
  • Wenn man es abgeschlossen hat, dann zieht sich der Review-Prozess auch oft ein Jahr bis der abgeschlossen ist, weshalb das dann auch in das übernäch­ste Pro­jekt hineinge­hen kann und dann fall­en wieder Kor­rek­turen an.
  • Stipen­di­en­anträge: Weil man nur befris­tete Verträge bekommt muss man sich immer wieder um Stipen­di­en, Förderun­gen ansuchen um auch mor­gen noch Brot am Tisch zu haben. Solche Anträge müssen per­fekt geschrieben sein und erfordern höch­stes Wis­senschaftlich­es Niveau. Das heißt man muss sich in das The­ma eingear­beit­et haben (bevor man die Stelle hat) um den Antrag über­haupt schreiben zu kön­nen. Die Erfol­gschan­cen sind oft trotz aufwändi­ger Anträge sehr ger­ing, weshalb man monate­lang oft 40h zusät­zlich zur 40h-Arbeit Anträge schreibt um den näch­sten Job zu bekommen.

Warum Wissenschaft irgendwann nicht nur ein lustiges Hobby das einem herausfordert ist, sondern einfach nur anstrengend

  • Uni-Hop­ping: Es mag vllt schön sein von ein­er Stadt zur näch­sten zu reisen und mein Aus­land­s­jahr war vielle­icht mein schön­stes Jahr, aber wenn man alle paar Jahre wo anders arbeit­en muss, sich dort um Woh­nung, Essen, Kinder­be­treu­ung, … küm­mern muss. Und kaum hat man sich ein­gelebt muss und Fre­unde gefun­den, zieht man dann auch schon wieder zur näch­sten Uni.
  • Admin­is­tra­tion: Da jed­er sehr indi­vidu­ell forscht und Unis dafür Steuergelder ver­wen­den, ist hier viel Bürokratie und Admin­is­tra­tion notwendig. Diese bürokratis­chen Hür­den sind oft sehr nervig.
  • Eier­legende Wollmich­sau: Um eine akademis­che Lauf­bahn einzuschla­gen muss man eine Pro­fes­sur anstreben, anson­sten ist es nicht unwahrschein­lich dass man mit vllt. 40 aus dem Geschäft fliegt und dann kann dich idR in der Pri­vatwirtschaft kein­er mehr brauchen.
  • hoher Konkuren­zkampf: Man hat einen hohen Pub­likaitons­druck, dass man dazu gezwun­gen wird das zu machen was sich verkaufen lässt, das was sich schnell pub­lizieren lässt und nicht das was Sinn macht oder wichtig wäre. Damit ist man in ein­er ethis­chen Zwick­müh­le. Sich­er erhöht der Pub­lika­tions­druck aus den Out­put und die Zielfokusiertheit, aber wenn man sieht wie tw. ethis­che Regel bis an die Gren­ze aus­genudelt wer­den müssen um im Sys­tem bleiben zu kön­nen. Wenn man von einzel­nen schwarzen Schafen absieht, hält man sich an ethis­che Regeln in der Wis­senschaft, aber für mich bewegt sich das ganze Kollek­tiv an der ethis­chen Gren­ze, weil man son­st in der Wis­senschaftswelt idR nicht über­lebt. Wie in ein­er freien Mark­twirtschaft hal­tet jed­er Min­des­stan­darts ein, aber Richtlin­ien darüber hin­aus ken­nt man oft gar nicht. Das Prob­lem in der Wis­senschaft ist aber das Qual­ität sich nicht ver­gle­ichen lässt, und je nach Prof. kenne ich wider­sprüch­liche Def­i­n­i­tio­nen von Qualität.
  • Ket­ten­verträge: Anstatt zu arbeit­en muss man Gelder lukri­eren und eine neue Stelle suchen, was die Pro­duk­tion beschränkt. (siehe ohne Stipendienanträge)